Additive Sprachfördermaßnahme
In einer beruflichen Schule werden SuS mit Deutsch als L1 (Erstsprache bzw. Muttersprache) gemeinsam mit SuS anderer Herkunftssprachen unterrichtet. Da das Sprachniveau der nicht muttersprachlichen Lernenden selten B1 (Fortgeschrittene Sprachverwendung) oder höher ist, können die SuS dem Unterrichtsgeschehen oft nicht folgen.[1] Für die Lernenden mit Deutsch als Zweitsprache ist es ein Problem, in einer Sprache denken zu lernen, die sie sich bisher nur unzureichend aneignen konnten. Ein besonderes Problem stellt die berufliche Fachsprache dar. Aus diesem Grund ist eine additive Sprachfördermaßnahme in einer beruflichen Schule sehr empfehlenswert, um das Bildungsziel zu erreichen.
[1] siehe Europäischer Referenzrahmen für Sprachen
Was heißt additive Sprachförderung?
Eine additive Sprachförderung ist eine zusätzliche sprachliche Unterstützung außerhalb des Regelunterrichts. So soll zur sprachlichen Bildung und zum Ausbau der Sprache beigetragen werden. Effektiver Sprachförderunterricht ist dabei von schulischer bzw. außerschulischer Nachhilfe abzugrenzen. Die additive Sprachförderung entfaltet ihre Wirkung erst im Rahmen eines schulischen Förderkonzepts (siehe Kapitel „Lernen begleiten“), das im Sinne einer durchgängigen Sprachbildung alle am Schulleben Beteiligten in die Pflicht nimmt und sowohl sprachliche als auch kulturelle Fragen berücksichtigt.
Die wichtigsten Voraussetzungen hierfür sind die positive Haltung der Schulleitung, des gesamten Kollegiums und der Ausbildungsbetriebe.
Entsprechend werden geschulte Lehrkräfte gebraucht, die sowohl eine differenzierte Sprachstandsdiagnose (siehe Kapitel „Erfassung der SuS mit Sprachförderbedarf und Diagnostik“) durchführen können als auch die fachliche und methodische Kompetenz für sprachsensiblen Fachunterricht (siehe Kapitel „Sprachsensibler Fachunterricht“) besitzen oder sich diese entsprechend aneignen.
Die Lernenden benötigen neben aktiver Lernbereitschaft vor allem Lernstrategien und Techniken, die sie einsetzen können, um ihre sprachlichen Kompetenzen zu erweitern.
Was beinhaltet die additive Sprachförderung an beruflichen Schulen?
Alle SuS müssen für die Unterschiede zwischen der Alltags-, der Bildungs- und der Fachsprache sensibilisiert werden.
Um bei Prüfungen und Klassenarbeiten erfolgreich arbeiten zu können, ist die Förderung des Leseverständnisses zwingend erforderlich.
Weiterhin sind Prüfungsaufgaben berufsspezifische Aufgaben, die innerhalb eines festgelegten Zeitraumes verstanden und bearbeitet werden müssen. Sie enthalten oft unbekannte Fachwörter. Auch wird oft in langen Sätzen formuliert, die beim ersten Lesen nicht vollständig erfasst werden können. Viele Sätze enthalten Passiv-Strukturen und Verneinungen. Ein Problem stellt auch das Verständnis der Gesetzestexte dar.
Für den Unterricht ist es wichtig, dass die Lernenden
- die Operatoren und
- die Typen bzw. Formate
von Aufgabenstellungen verstehen und diese bearbeiten können.
Operatoren sind Verben, die für Aufgabenstellungen in Klassenarbeiten bzw. Prüfungen eingesetzt werden. Sie dienen einer klaren Bewertung und Beurteilung der Schülerleistung. Operatoren sind z.B. begründen, berechnen, beschreiben, bewerten, erklären, nennen, sortieren, vergleichen, zusammenfassen.
Dies sind typische Beispiele für bildungssprachliche Begriffe, die den Lernenden oft in der genauen Bedeutung nicht bekannt sind. Im Alltag werden eher Begriffe wie “mach mal” verwendet.
In Klassenarbeiten und Prüfungen werden unterschiedliche Aufgabentypen bzw. Aufgabenformate (geschlossene Aufgaben, halboffene Aufgaben und offene Aufgaben) verwendet. Bei den geschlossenen Aufgabenformaten werden in den Prüfungen Mehrfachwahlaufgaben (Multiple-Choice-Aufgaben), Richtig-Falsch-Aufgaben und Zuordnungsaufgaben eingesetzt. Halboffene Aufgaben müssen z.B.: durch Symbole vollendet werden (z.B. Lückentext). Bei den offenen Aufgabenformaten müssen die Schüler selbst formulierte Antworten geben.